HOME
SITEMAP

WEBERHAUS-
RESTAURIERG.

DER MALER

KUNST AM BAU
  Das Weberhaus.
 Bildtafeln+Fresken
 Gobelins
  Mosaiken

TAFELBILDER
  Landschaften
  Figuren
  Blumenbilder

 
Portraits

GRAFISCHES
  Zeichnungen
  Linolschnitte
  Illustrationen

  Skizzen

GEFANGEN-
SCHAFT

BIOGRAFIE
WERKVERZEICHNIS
FOTOPORTRAITS
TEXTE

IMPRESSUM

OTTO MICHAEL SCHMITT - ein Maler der Wand

Von Oskar Goller

Nach dem großen gesellschaftlichen Umbruch mit Beginn der zwanziger Jahre mußte auch der bildende Künstler seine Position einem sich neu formulierenden Gefüge der kulturellen Gemeinschaft anpassen und seinen Aufgabenbereich neu bestimmen, um den Anschluß an die geistigen und kulturellen Traditionen aufzunehmen und fortzuführen. Der Künstler mußte sich bekennen und offenbaren, um sich unabhängig seiner anspruchsvollen Arbeit widmen zu können. Denn der Drang, mitzumachen, sich daran zu beteiligen, sich ausdrücken zu können, bewegte den bildnerisch denkenden Menschen von jeher.

In dieser Zeit der künstlerischen Wende kehrte Otto Michael Schmitt als Drechsler aus dem thüringischen Raum in seine Heimatstadt Augsburg zurück. Seine dort ausgeübte handwerkliche Tätigkeit konnte auf Dauer seinem inneren Drang, sich bildnerisch zu äußern, nicht standhalten. Es gelang ihm, den Weg zu einer fachlichen Ausbildung an der Akademie in München einzuschlagen. Das war der erste Schritt zu seiner so bedeutenden Laufbahn, sich als Künstler zu fühlen, als Künstler zu denken.

Zeitgeschichtlich war das Bild dieses Umbruchs mit dem Verblühen des Impressionismus charakterisiert. Gleichzeitig hatte sich schon längst eine neue Auffassung intensiviert: der Expressionismus, und mit besonderer Härte und Brutalität der deutsche Expressionismus.

Doch wohin zeigte der Kompaß, wie sollte man sich entscheiden? Dazwischen hatte sich vorübergehend eine neue Richtung entwickelt: der Kubismus, der in Wirklichkeit gar nichts Kubisches hatte. Auf O. M. Schmitt mußte diese Form der Äusserung nahezu wie eine Karikatur wirken. Trotzdem fundamentalisierten sich in der Auffassung dieser Ausdrucksform Gedankengänge die ihm, völlig unbewußt, später bedeutungsvoll nahe kamen. Als er im Verlauf seines weiteren künstlerischen Weges zur Ausübung der Wandmalerei zu dem von ihm so verehrten Lehrer Klemmer in München kam, stand er vor Entscheidungen, die nicht allein durch den Lehrer zu lösen waren. Dabei kam ihm zunächst sein von Grund auf geschultes handwerkliches Geschick als Fundament, auch als Voraussetzung für die Technik der echten Freskomalerei, mit der er sich mit aller Kraft auseinandersetzte, zugute. Damit eröffnete sich ihm der eigentlich befreiende Vorgang zur bildnerischen Darstellung, der Weg persönlicher Äusserungen.

Er begann mit dem gedanklichen Versenken in die kaum erfaßbare Vielfalt der Welt. Noch immer gültig war bis dahin die elitäre Auffassung, die entscheidende Auseinandersetzung des bildenden Künstlers gelte der Darstellung der menschlichen Figur. War es doch immer seine eigentliche Zuneigung, die Geschichte der Menschen mitzuteilen. Um so intensiver lehnte er von Anbeginn an die idealisierte, hedonistische Formulierung mit allen Kräften ab.

Was aber war durch seine von hier an aufgeweckten Gedankengänge ein neuer Weg, sich auszudrücken, die Darstellung dieser Geschichte zu einer neuen künstlerischen Bedeutung zu bringen? In einer Sublimierung von Technik und gedanklicher Bereitschaft zeigte sich ein lichter Weg, einer Erneuerung zum Durchbruch zu verhelfen-

Die Beherrschung der sensiblen Technik des Malens an der Wand auf frischem Putz für das echte Fresko fordert ein diszipliniertes und nachdenkliches Vorgehen. Für ihn als geschickten Techniker war diese Tätigkeit immer erholsam, befreiend und wegweisend für Aufgabe und Grenzen der bildnerischen Mittel. Schon früh erkannte er, daß eine Kraft der Wand gegen die vorgedachten Formulierungen sich zu stemmen begann. Dieses Hemmnis mußte überwunden werden. Der Esoteriker, so sehr um das Wesen der Dinge bemüht, gelangte in mühevollen Versuchen zu der Einsicht, daß die bilderhafte Zeichnung nicht ebenbürtigen Platz für die Wand beanspruchen kann. Es mußte ein neuer Prozeß der Formulierung durchdacht werden. Die Fläche der Wand war stärker als die zweidimensionale des Tafelbildes. Die erdachte Interpretation konnte nur durch einen anderen Weg erreicht werden. Die Umgestaltung der räumlichen Natur, das Volumen der Natur auf der Fläche sichtbar zu machen, ohne es durch illusionistische Verspieltheit vorzutäuschen, war der eigentlich neue Gedanke seiner mühevollen Arbeit. War es doch auch diese Idee, die sich wie ein Faden durch das Netz der darstellenden Kunst seit der Wende zog. Man versuchte, auf der Bildfläche ohne »Volumen« auszukommen. Der Raum durfte nur »Motiv« sein. Das Volumen des Raumes mußte entzerrt werden. War das nicht schon im zuvor genannten Kubismus angedeutet?

Ein neuer Weg für eine wirklich künstlerische Historienmalerei, die doch zu seiner inneren Aufgabe gehörte, das Erdachte ohne pathetische Gebärden darzulegen, war frei. Die Wand stand im Mittelpunkt, ihre Macht forderte heraus. Man mußte sie in Besitz nehmen, sie besiegen, sie bewältigen wie den Minotaurus. Die innere Notwendigkeit, sich darin richtig auszudrücken, erreichte er durch die Auffassung, den Raum der Fläche unterzuordnen. Es entstand eine Tektonik des Bildaufbaues. Der Gegenstand mußte bildhaft ausgelegt werden.»Der Gegenstand der Kunst ist nur künstlerisch in dem Maße, wie er nicht wirklich ist«, sagt Ortega Y Gasset.

Die Wand stellt den Maler vor eine fast suggestive Problematik: entweder man erkennt die darin verborgene Pflicht oder man verliert sich darin. Die archaische Auffassung war verloren; so richtig sie entwickelt war, wurde sie durch die Illusionen der nachwachsenden Gesellschaft abgelehnt und in ihrer Notwendigkeit nicht erkannt.

Für Otto Michael Schmitt wurde die neue Forderung eine Fundgrube, ein Reich fantasievoller Farb- und Formspiele. Er suchte nach dem, was Bestand hatte, nicht, was zufällig war, er suchte den Prozeß, die Umgestaltung des Raumes, das Volumen der Natur auf der Fläche sichtbar zu machen. Als Künstler hatte er die sichtbare Natur anders zu deuten. Seine Erfindungskraft, der Drang, mitzumachen, teilzunehmen an der Erneuerung einer noch schwankenden Gesellschaft, war getragen durch seine Originalität und malerische Qualität. Damit war das Verhältnis der Kunst zur Wirklichkeit für ihn entscheidend geprägt und der mühvolle Weg des

Er hatte die Wand besiegt und die Leinwand bewältigt. So war auch der Zeitpunkt gekommen, eine Lehrtätigkeit zu übernehmen. Ihm wurde die Klasse für Wandmalerei an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg übertragen. Dort konnte er seine Erkenntnisse an junge Menschen weitergeben und sich selbst prüfen, wie richtig seine Einsichten für den bildnerischen Prozess waren.

Durch Abberufung zum Kriegsdienst und Beendigung dieser Zeitspanne in längerer Gefangenschaft – erfüllt mit dem Entstehen zahlloser wertvoller Zeichnungen – wurde die Arbeit unterbrochen, bis es Gelegenheit gab, mit neuer Intensität die Interpretation seiner Erfahrungen im Lehrbetrieb weiterzugeben.In dieser Zeit entstanden große Wandmalereien, Mosaiken und Entwürfe für Gobelins.

Die Voraussetzung für das Kunstwerk ist das Erlebnis. Es führt zur Gestaltung über einen sinnlich-geistigen Prozeß. Otto Michael Schmitt wollte aufgrund dieser Erkenntnis die Physiognomie, das Erscheinungsbild der Gegenstände, einzelner Formen und Bewegungen darstellen, die Strukturen einzelner Vorgänge sichtbar machen. Man stellte nicht mehr die Anatomie, die »Muskelkraft« dar, sondern die Funktionen der menschlichen Gestalt. Die in all den unermüdlichen Arbeitsgängen entstandenen Tafelbilder und Zeichungen haben uns mitgeteilt, wie reichhaltig dazu seine Erfindungskraft war.

Gebaute Landschaften, vereinsamte Architekturen, sprechende Bäume strukturierte er, um den Vorgang des Sehens wahrzunehmen. Doch wollte er nicht auf die menschliche Figur verzichten, von der er doch einst so beeindruckt war. Wieder war eine neue Lösung zu finden. Mensch und Landschaft sollten verschmelzen zu einer kosmischen Einheit. In Begegnungen mit südlichen Regionen, herausgelöst aus dem nördlichen Lebensraum erlebte er eine Wandlung der Lust und der Sinne. Dort, wo Cezanne, wo van Gogh neue Einsichten empfingen, befreite sich Schmitt von der Blockierung durch eine verkrustete Tradition. Seine Bilder wurden farbiger, freudiger und das Volumen der Natur wurde noch intensiver von der zweidimensionalen Flächigkeit der Leinwand aufgesaugt. Hier erkannte er auch, was das Um- und Herum wirklich sprach. Hier integrierte sich auch die menschliche Darstellung mit der sonst so nebensächlich erlebten Landschaft. Die hier aufgesaugte Landschaft wurde figural und die Figuren zu landschaftlichen Formen. Eine fast tragische Vereinfachung, eine noch scharfsinnigere Wirkung. Eine Reduzierung auf den Kern des so Erlebten.

Die Wand in ihrer Macht war bewältigt, das Tafelbild durch Vereinfachung flächig-linearer Darstellung als Raumbild gefestigt. Nun konnte man sich freier, verspielt vertiefen in die unergründliche Vielfalt der Vorgänge unseres Lebens. Was hatte er nicht alles mit Feder und Stift zu sagen. Es entstanden zahlreiche Illustrationen voll fruchtbarster Fantasie. Er war ein glänzender Interpret bizarrer Literatur, eine Quelle lauterster Einfälle, ein Darsteller beißender Ironie. Was hat er nicht alles erschaut, bedeutsam gemacht, zusammengetragen und für seine Umgebung verständlich gemacht.

»Die Befähigung zum bildlichen Ausdruck« sagt Ortega Y Gasset »ist vielleicht die fruchtbarste Gabe, die der Mensch besitzt.«

 

DIE FRESKOARBEIT

Von Kurt Kolbe

 

Den Ausführungen meines Kollegen Goller möchte ich noch einige praxisbezogene Bemerkungen hinzufügen.

Wie oft stand ich mit meinem Lehrer, dem Freskomaler Schmitt, auf dem Gerüst, um nach den handwerklichen Gesetzmäßigkeiten ein Fresko anzulegen. Man muß wissen, daß ein Fresko in die mit Putz aufgetragene Fläche nur solange gemalt werden kann, als die Malfläche noch feucht ist. Eine Korrektur ist danach nicht mehr möglich. Das erfordert ein klares Konzept und konzentriertes und diszipliniertes Arbeiten. Die Malerei trocknet mit dem Putz auf und verwächst mit der Wand. Hierdurch zeichnet sich das Fresko Buono vor anderen Maltechniken aus. In dem Heftchen »In Memoriam Franz Klemmer, 1879 - 1964« schreibt Professor Schmitt unter anderem über die Freskoarbeit:

»Wenn sich der Leser dieser Zeilen vielleicht vorstellen kann, wie dem Freskomaler bei der Arbeit an einem Deckenbild die Kalkfarbe am Pinselstiel herabrinnt auf die schon wundgefressenen Fingerspitzen, wie die Augen brennen von gelegentlichen Kalkspritzern, wie die Nackenmuskulatur vom stundenlangen steilen Nachobenschauen zu schmerzen beginnt, dann wird er den abgrundtiefen Seufzer verstehen, den der große Buonarotti an der Decke der Sixtina über die Mühsal der Freskoarbeit tat, der ihn aber nicht hinderte, den Spruch zu tun von der Freskoarbeit, die echte Mannesarbeit sei.«

Ein Fresko muß der Architektur gemäß sein. Es schmückt den Profanbau wie den Sakralbau, jeden in seiner Art. Es steht zu befürchten, daß in nicht weiter Zukunft das echte Fresko zur Seltenheit wird, denn kaum jemand beherrscht die Technik noch. Die Umweltverschmutzung wird den Rest besorgen, wenn der Zerstörung nicht entgegengewirkt wird.

Die Augsburger sind sich hoffentlich ihrer Schätze bewußt und tragen für deren Schutz die notwendige Verantwortung.

 

OTTO MICHAEL SCHMITT – ein Künstler und Bürger

Von Alfred Eckert anläßlich des 50. Geburtstages von O. M. Schmitt

 

Professor Otto Michael Schmitt wurde mit 38 Jahren auf den Lehrstuhl für figürliche Komposition und Wandmalerei an die Akademie nach Nürnberg berufen.

Ein Junger – aber, ein »alter Mann« meinten jene, die sich schon damals die Kunst leichter erarbeiten wollten und deren Ergebnisse uns in Zwiespältigkeiten brachten und bringen.

Es gibt Ausübende und Betrachter in der Kunst, welche O.M. Schmitts humanistische Bildung und seine Begabung für allegorische und mythologisch figürliche Kompositionen in einen Zusammenhang mit dem Gedankengut der »tausend Jahre« bringen und damit den Menschen und Künstler O. M. Schmitt verkennen und ihn aus Bequemlichkeit nicht verstehen wollen.

Zu einfach wäre es, ihn einen konservativen Maler zu nennen. Bei seiner steten Bereitschaft zur Diskussion zeigt er vielmehr, daß er aus gesichertem geistigen Fundament heraus die ganze Problematik unserer künstlerischen Gegenwartsleistungen sehr kritisch zu sezieren weiß. Für ihn steht dabei fest, daß man vom Künstler mehr verlangen muß als die Flucht in die Problemlosigkeit des rein Dekorativen. Er selbst ist ein Schaffer, der aus einer erstaunlichen Kenntnis der künstlerischen Materie gar nicht die Unbefangenheit haben kann, leichtfertig mit »neuen Dingen« zu blenden. Dazu ist er vielzusehr Wandmaler aus Berufung, d. h. fähig, mit der Gründlichkeit und Bedachtheit des echten Handwerkers zu schaffen, sich mit der Architektur auseinanderzusetzen. Er weiß, daß auf der Fläche, die der Architekt gerade noch frei läßt, nicht ein Dekor, aber auch nicht ein vergrößertes Tafelbild zu malen ist.

Illusionslos sieht O.M. Schmitt die augenblicklich noch ungelöste Problematik der Wandmalerei unserer Tage. Wo gibt es noch Auftraggeber und Architekten, die schon bei der Planung eines Baues eine Werkgemeinschaft mit dem Künstler eingehen? Nicht einmal die Planer öffentlicher Bauten tun das noch. Die »Alma Mater-Architektur« ist trunken vom Rausch der Technik und unbequem sind die Mahner, die darauf hinweisen, daß mit der Ausgliederung des freischaffenden Künstlers ihm auch die Basis zu seiner eigenen und der allgemein kulturbildenden Leistung entzogen wird.

Doch in O. M. Schmitt nur den Maler zu sehen wäre zu wenig. Er verkörpert als Persönlichkeit noch so etwas wie das künstlerische Gewissen eines Gemeinwesens. Er nimmt es mit Bürgerpflichten ungewöhnlich ernst. Bedauerlich, wenn solch lebendige Kräfte nicht genützt werden. Schmitt ist mit dem Herzen Augsburger und seine Arbeiten finden wir an vielen Stellen der Stadt und in den Kirchen Schwabens. Seine Stärke ist, wie schon betont, die große figürliche Komposition. Er ist als Maler Literat. Seine Farben haben etwas erdig Altmeisterliches. Trotzdem er gerne mit dem Pinsel zeichnet und somit den Reiz der Skizze auf die Ausführung überträgt, strahlen seine Figuren das Leben von innen aus. Die Aufteilung in eigenwillig umgrenzte Flächen, die in ihrer Farbe die Symbolik der Figuren untermauern und seiner Gesamtkomposition den inneren Zusammenhang geben, wurde in den letzten Jahren zu einem unverwechselbaren persönlichen Stil.

In seinem durch den Krieg nach Anhausen verlegten Wohnsitz entstand aus eigener Kraft ein schönes Atelier und wer ihn besucht, spürt in der Einfachheit seines Lebensstils eine breite künstlerische Kraft und in seiner Erscheinung etwas Pastorales. Das ist selten geworden – in unserer Zeit.